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24.10.2024 , 11:00 Uhr: Dr. Oliver Sachs
Meteoritenexperte & 1. Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins "Freunde des RiesKraterMuseums e. V."
Vom Asteroid zum Meteorit: Der Fall von Ribbeck im Havelland (nur für Fachpublikum)
     
26.10.2024 , 11:00 Uhr: Dr. Oliver Sachs
Meteoritenexperte & 1. Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins "Freunde des RiesKraterMuseums e. V."
Vom Asteroid zum Meteorit: Der Fall von Ribbeck im Havelland
 

Feldbeobachtungen und Besonderheiten bei den Ribbeck-Meteoriten
von Dr. Oliver Sachs

Kurzfassung des Originalartikels in der Zeitschrift "Regiomontanus Bote", Ausgabe 2/24 - von Dietmar Rößler

Am 21. Januar 2024 um 1:32 Uhr kollidierte nordwestlich von Berlin ein Meteorit mit einem Durchmesser von ca. 1 m mit der Erdatmosphäre. Der Himmelskörper wurde bereits 20. Januar 2024 vom Astronom Krisztián Sárneczkyvom Piszkéstető-Observatorium in Mátraszentimre, Ungarn im Weltraum und kurze Zeit später von 178 weiteren Beobachtern entdeckt. Auch die Frühwarnsysteme von NASA und ESA gaben Alarm.

Der Meteorit erhielt den endgültigen Namen "2024BX1";

Das ist erst der erste deutsche Meteoritenfall, der bereits im Weltall entdeckt wurde und dessen spätere Kollision mit der Erde vorhergesagt wurde. Der Aufschlag wurde von verschiedenen Beobachtungskameras aufgezeichnet und von zahlreichen Augenzeugen beobachtet. Der Meteorit zerfiel beim Eintritt in die Atmosphäre in zahlreiche Einzelstücke. Bereits am 22. Januar 2024 startete aufgrund schneller Streufeldberechnungen die systematische Suche im Gelände. Das erste 171,66 g schwere Stück wurde am 25. Januar von professionellen polnischen Suchern gefunden. In den ersten Tagen waren Tausende von Suchern aus zahlreichen Ländern der Erde im Streufeld unterwegs.

Der Dalmatiner-Stein (Meteorit mit atypischer Schmelzkruste, Sample F69, 1.94 g).

Der Dalmatiner-Stein (mit Dalmatiner).

Erste Untersuchungen ergaben, dass es sich um einen sog. Achondriten der seltenen Stoffklasse "Aubrit" handeln muss. Benannt sind diese Meteoriten nach der französischen Ortschaft Aubrés, wo 1836 erstmals ein Meteorit dieser Stoffklasse gefunden wurde. Diese Meteoriten können stark irdischen Gesteinen ähneln. Man vermutet, dass sie Trümmer ehemaliger Protoplaneten oder noch heute existierender Planeten (Mars Merkur) darstellen.

Mineralbestandteile sind überwiegend Enstatit, untergeordnet können auch Eisensulfid (Troilit), Nickel-Eisen (Kamacit), Olivin und weitere Mineralien enthalten sein. Das Gestein hat ein grobkörniges Aussehen (Textur) und ist stark brekziiert.

High-Velocity-Bullet (Sample No. F159, 0.870 g)

High-Velocity-Bullet (Sample No. F159, 0.870 g, Flugrichtung), weiße Schmelzkruste.

Die Meteoritensuche um Ribbeck gestaltet sich schwierig, allein schon durch die Ähnlichkeit mit irdischen Gesteinen. Hinzu kommt, dass sich in der Region eiszeitliche Ablagerungen gebildet haben, die überwiegend aus dem kristallinen Grundgebirge Norwegens stammen (Granite, Amphibolite, Quarzite, vor allem Gneise), genau die Gesteine, die den Aubriten ähneln. Kreidezeitliche Feuersteine, anthropogen entstandene Schlacken sowie der nach dem Zweiten Weltkrieg abgelagerte Brandschutt von Berlin erschwerten die Suche weiter.

Im Gegensatz zu "normalen" Meteoriten hat der Ribbeck-Meteorit eine farblose bis weiße Schmelzkruste mit weißen, grauen und dunkelgrau-schwärzlichen Punkten. Die äußerst verschiedenartige Schmelzkruste verteilt sich häufig nicht gleichmäßig auf der Oberfläche einzelner Meteoriten. Beim Dunkelflug oder Aufschlag auf den festgefrorenen Boden zerbrechen die Fragmente teilweise. Dadurch kommt das eigentliche hellgraue Gestein zum Vorschein.

Spectacular fusion crust (Sample F82, 1,426 g).

Spectacular fusion crust (Sample F82, 1,426 g), weiße & farblose Schmelzkruste.

Die Schmelzkruste als Tarnmantel der Ribbeck-Meteoriten

Alle gefundenen Ribbeck Meteoriten zeigen eine ausgeprägte Rissigkeit des Gesteins, vor allem der Schmelzkruste. Das erleichtert wiederum dem geübten Auge die Suche. Kurz nach dem Fall konnte ein typischer Schwefelgeruch, ein Geruch nach Schwefelwasserstoff oder abgebrannten Feuerwerkskörpern festgestellt werden. Der Geruch entsteht durch Zersetzung des Minerals Oldhamit (CaS) durch Regen und Feuchtigkeit. Später gefundene Stücke (nach Wochen, Monaten) zeigen starke Zerfallserscheinungen. Bei flugorientierten Stücken ist häufig eine Schaumkruste zu sehen.

Verschiedene Ribbeck-Meteoriten, die teilweise aus Privatsammlungen stammen wurden hinsichtlich ihrer Schmelzkruste eingehend untersucht. Der zellige Schaum ist zeitweilig glasklar und wirkt unter dem Mikroskop bläschenartig wie ein Glasschwamm.

Fast schon ein Unikat - der "Dalmatiner-Stein"font>

Ein unbeschädigtes Exemplar zeigt als Oberflächenfärbung eine weiße Matrix mit schwarzen Punkten. Das Aussehen erinnert an die Fellzeichnung eines Dalmatiner-Hundes. Das Fundstück wurde als Dalmatiner-Stein bekannt.

Klein, aber fein - die flugorientierten Individuals

Fundstücke von etwa 10 Gramm und darunter sind zunehmend flugorientiert. Dabei sind wunderbar flugorientierte "Individuals" mit fantastischen Formen entstanden. Eines davon ist ein Hochgeschwindigkeitsprojektil. Solch eine Form entsteht, wenn der Meteorit auf eine definierte Bahn durch die Luft geflogen ist. Meist trudelt und rotiert der Meteorit chaotisch auf seinem Flug, wodurch die nicht flugorientierten Stücke entstehen . Durch Fragmentierung und Flug vermischen sich die Schmelzen und nehmen je nach Größe und ursprünglichem Mineralsbestans verschiedene Verfärbungen an.

Mikroskopische Studien einer atemberaubenden Schmelzkruste

Detaillierte mikroskopische Untersuchen eines 1,426-g-Stücks zeigten interessante Schmelzkrusten-Phänomene wie Schmelzlippen, Schmelznasen und Tropfen. Diese Fließstrukturen erinnern an  abgelaufenes Kerzenwachs oder an den Zuckerguss von Pralinen oder Backwaren.

Spectacular fusion crust (Sample F82, 1,426 g, weiße & farblose Schmelzkruste.

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